Es ist ein architektonisches Schmuckstück, das nun wieder voll zur Geltung kommt. Saniert und frisch herausgeputzt, ist die historische Villa Gminder zwischen den modernen Häusern der Blickfang auf dem Gelände des „Seegut Zeppelin“. Vor 115 Jahren bezog der Reutlinger Textilfabrikant Gustav Gminder mit seiner Familie die Villa als Sommerdomizil am Bodenseeufer. Heute schlägt hier das kulinarische Herz des neuen Hotels.

Der Restaurant-Name bedeutet „Kiefer“.
Der Restaurant-Name bedeutet „Kiefer“. | Bild: Cuko, Katy

„Pinus“ heißt das Restaurant, das seinen Namen der stattlichen Schwarzkiefer verdankt, die nahe der Villa steht. Ab sofort sind hier nicht nur die Hotelgäste willkommen. Die Betreiber des „Seegut Zeppelin“, Hendrik und Sandra Fennel vom Hotel Maier in Fischbach, lösen ein Versprechen ein, dass die Stadt vor zehn Jahren gab. Das traumhafte Grundstück am Seeufer, das über 100 Jahre versteckt und nahezu verschlossen war, soll der breiten Öffentlichkeit zugänglich sein.

Das neogotische Gewölbe im Vorraum der Villa Gminder.
Das neogotische Gewölbe im Vorraum der Villa Gminder. | Bild: Cuko, Katy

Hier speiste früher wohl die Fabrikantenfamilie

Vorerst von Donnerstag bis Sonntag sind Gäste im „Pinus“ willkommen. „Der Betrieb muss sich erst einspielen“, bitte Hendrik Fennel um Verständnis, denn alles ist neu. Wer hier speisen will, muss allerdings einen Tisch reservieren. Das gilt auch für die große Terrasse mit weitem Blick über den See bis zum Säntismassiv, die 60 Sitzplätze hat. „Wir müssen schauen, dass das Areal nicht überlastet wird“, sagt der Hotelbetreiber. Denn das „Seegut Zeppelin“ liegt mitten im Landschaftsschutzgebiet. Und eine „gewisse Entspanntheit“ soll der Ort schon vermitteln.

60 Plätze bietet die große Terrasse mit Blick auf See und Berge.
60 Plätze bietet die große Terrasse mit Blick auf See und Berge. | Bild: Cuko, Katy

Auf die Gäste wartet jedenfalls ein besonderes Ambiente. Sie sitzen in den Salons der denkmalgeschützten Villa, in denen früher wohl auch die Fabrikantenfamilie gespeist hat. Besonders ist auch das kulinarische Konzept. „Wir haben einen klaren vegetarischen Schwerpunkt“, erklärt Hendrik Fennel beim Probeessen. Auf Fleisch ganz verzichten will der Hotelbetreiber mit seinem kulinarischen Direktor Philipp Heid nicht. Was an Huhn, Schwein oder Rind auf den Tisch kommt, soll auf dem Teller nur eine Nebenrolle spielen und kommt aus regionaler Schlachtung.

Hendrik Fennel präsentiert die Restaurant-Räume in der Villa Gminder.
Hendrik Fennel präsentiert die Restaurant-Räume in der Villa Gminder. | Bild: Cuko, Katy

Sie wollen „Essen mit Abenteuer-Charakter“ bieten

Fennel, selbst ausgebildeter Koch mit Erfahrung in der Sterne-Gastronomie, und Haid, der als Küchenchef im Schweizer Restaurant Prisma im Parkhotel Vitznau mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, ergänzen sich in ihren Ansätzen ideal. Kochen ist für sie Handwerk. Was in die Küche kommt, soll nicht nur regional, sondern möglichst lokal erzeugt sein. Ziel ist, Lebensmittel komplett zu verarbeiten. Selbst Haut und Haare von Obst könne man dank toller Aromen wunderbar verwerten, sagt Hendrik Fennel. „Essen mit Abenteuer-Charakter“ nennt das der Hotelbetreiber.

In der Villa Gminder sind nicht nur Hotelgäste willkommen.
In der Villa Gminder sind nicht nur Hotelgäste willkommen. | Bild: Cuko, Katy

Lokal? Rund um die Villa Gminder und die vier Hotelbauten ist im rund zwei Hektar großen Landschaftspark viel Platz für den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern. Gewächshaus und Hochbeete sind offensichtliche Zeugnisse der hoteleigenen Anbaukultur. Doch vieles von dem, was in der Küche landet, drängt sich dem Gast nicht unbedingt als Lebensmittelprodukt auf. Die Streuobst-Wiese liefert Äpfel, Birnen, Zwetschgen oder Kirschen. Dazu kommen Beerensträucher auch mit alten Sorten oder Garten- und Wiesenkräuter, die für geschmackliche Vielfalt sorgen.

Spargelsalat mit Kräutern, Gurkenspalten auf Joghurt und gebeizte Forelle auf Mairübchen: Kein klassisches Tellergericht, sondern ...
Spargelsalat mit Kräutern, Gurkenspalten auf Joghurt und gebeizte Forelle auf Mairübchen: Kein klassisches Tellergericht, sondern verschiedene Häppchen zum Teilen am Tisch. | Bild: Cuko, Katy

Und weil die einfach nicht auf einen Teller passt, serviert das „Pinus“ Speisen nicht unbedingt à la carte, sondern stellt das sogenannte Sharing-Prinzip in den Mittelpunkt. Dabei wird das Essen zum Teilen angeboten.

Da isst das Auge mit: Alblinsen mit roter Beete, Bulgur auf geschmorten Karotten, gegrillter Spargel mit Hühnerflügelchen und ...
Da isst das Auge mit: Alblinsen mit roter Beete, Bulgur auf geschmorten Karotten, gegrillter Spargel mit Hühnerflügelchen und Kartoffelravioli mit Pilzen gefüllt. | Bild: Cuko, Katy

Verschiedene Speisen kommen in die Mitte auf den Tisch, die Gäste probieren und essen häppchenweise, „und das in der Reihenfolge, wie die Gäste das wünschen“, erklärt Hendrik Fennel. Die klassische Menüfolge hat hier ausgedient.

Dessert mit gezuckerten Gurken auf Joghurt und Kräutereis? Neben Käsekuchen mit Erdbeereis-Nocken ein Gedicht.
Dessert mit gezuckerten Gurken auf Joghurt und Kräutereis? Neben Käsekuchen mit Erdbeereis-Nocken ein Gedicht. | Bild: Cuko, Katy

Und auch in Sachen Getränke geht das „Pinus“ etwas andere Wege. „Wir wollen gut zwei Drittel der Speisebegleiter ohne Alkohol anbieten“, sagt der Hotelchef. Neben Bodenseeweinen und -spirituosen setzt er auf Tee, Säfte, fermentierte Essenzen und Getränke auf Basis von Kräuterextrakten.