Der „Shitstorm“ war vorprogrammiert. Anfang März hat ein syrisches Restaurant in Freiburg ein neues Gericht angeboten: israelischen Auberginenaufstrich! Doch es dauerte nicht lange, bis die Hassmails eintrudelten. Danach die wütenden Anrufe. Mitarbeitende wurden beleidigt und bedroht. Schließlich wurden die Fenster der Restaurants mit „Free Palestine“-Aufklebern beklebt.

Die Beschwerden hätten kaum radikaler ausfallen können: „Baba Ganoush ist ein arabisches Gericht“, „Israel existiert nicht!“ und „Das ist kulturelle Aneignung!“ Andere lehnten Juden als „europäische Eindringlinge“ ab, die „nach Hause“ geschickt werden sollten. Für die selbsternannten Palästina-Fans gibt es nur das eine oder das andere. Dass es auch ein jüdisch-orientalisches Gericht geben kann, und dass das jüdische Volk schon immer Teil des Nahen Ostens war, erscheint ihnen als eine völlig neue Idee.

Israelische Gerichte gehören für die Kurden dazu

Die Betreiberfamilie Aloge, die den Shitstorm als das schlimmste Erlebnis in der 20-jährigen Geschichte des Restaurants einstuft, pflegt eine ganz andere Haltung. Die kurdische Familie möchte bloß die kulinarische Vielfalt ihrer Heimatregion präsentieren, wo israelische Gerichte selbstverständlich dazugehören. Es gibt nicht das „echte“ oder „falsche“ Baba Ganoush, sondern ein mit Sesampaste gemachtes arabisches Rezept und ein israelisches mit Paprika und Granatäpfeln, erklären sie nüchtern.

Die Verflechtung der Kulturen scheint für die selbsternannten Palästinafans absolut unzumutbar zu sein. Doch diese hysterische Ablehnung des Anderen ist uns vertraut. Jedes Mal, wenn ein deutscher Supermarkt für den Ramadan Schokoladekalender anbietet, warnen deutsche Nationalisten vor dem „Untergang des Abendlands“. Wenn nun ein syrisches Restaurant ein israelisches Gericht anbietet, warnen die arabischen Nationalisten vor dem „Untergang des Orients“. Diese ausgrenzende Haltung eint die europäischen und die arabischen Nationalisten und Islamisten.

Vier Jahrtausende im Nahen Osten

Aber man kann kaum leugnen, dass der Islam zu Deutschland gehört, wenn es seit über einem halben Jahrhundert muslimische Einwanderung gibt. Noch schwieriger ist es, die Existenz Israels zu leugnen, wenn man bedenkt, dass das jüdische Volk seit über vier Jahrtausenden im Nahen Osten lebt.

Doch dieses Zerrbild ist weit verbreitet, und das obwohl die jüdische Gemeinde von Bagdad der 1930er Jahre so groß war wie die von Warschau. In den Jahrzehnten danach wurden 800.000 Juden und Jüdinnen aus arabischen Ländern vertrieben. Die meisten Geflüchteten sind nach der Staatsgründung 1948 nach Israel gegangen. Die israelische Baba Ganoush verdankt sich dieser Einwanderung.

Die Kampagne gegen ein israelisches Gericht in einem Freiburger Restaurant zielt darauf ab, Israel von der Speisekarte und damit jüdische Kultur aus unserem kulturellen Gedächtnis zu tilgen. Lassen Sie uns das Beispiel der Familie Aloge zum Vorbild nehmen: es gibt genügend Platz auf der Speisekarte für arabische und israelische Gerichte – genauso wie es genügend Platz zwischen Fluss und Mittelmeer für den jüdischen und einen palästinensischen Staat gibt. Guten Appetit, allerseits!

Robert Ogman, geboren in New York, ist Politik- und Sozialwissenschaftler – und Jude. Der Berater und Publizist lebt in Konstanz.