Bilden wir uns nicht gerne ein, so gut wie alles zu wissen über unsere heimischen Gerichte? So bezeichnet alle Welt Sauerkraut gerne als typisch deutsches Essen – in England werden wir Deutsche sogar als Krauts bezeichnet. Dabei ernährten sich chinesische Handwerker bereits beim Bau der Chinesischen Mauer im 3. Jahrhundert v. Chr. von gesäuertem Kohl. Mongolenstämme und Tataren sollen das Sauerkraut dann von China in den Westen gebracht haben. Aus Deutschland stammt die Spezialität also nicht. Was meinen wir denn noch so alles zu wissen zum Thema deutsche Küche?

1. Rheinischer Sauerbraten: Nennen wir Ross und Reiter beim Namen

Sie heißen Lady, Black Beauty oder Max und sie gehören zu den Lieblingstieren der Deutschen. Gegessen hat der Mensch Pferde schon immer – allerdings immer seltener. Die Tiere werden gerne als Familienmitglieder bezeichnet, trotzdem wurden 2020 laut Tierrechtsorganisation Peta über 4.000 Pferde in deutschen Schlachthöfen geschlachtet.

Filet, Rouladen, Braten, Hackfleisch, Würstchen, Gulasch oder Roastbeef: Auf dieser Auslage in der Markthalle Hannover findet sich ...
Filet, Rouladen, Braten, Hackfleisch, Würstchen, Gulasch oder Roastbeef: Auf dieser Auslage in der Markthalle Hannover findet sich ausschließlich Pferdefleisch. | Bild: Jochen Lübke/dpa

Das Kölner Restaurant Max Stark setzt als eines der letzten auf eine rar gewordene Tradition: Hier gibt‘s zum Kölsch einen rheinischen Sauerbraten – vom Pferd. „Leute, die kein Pferdefleisch essen, wissen nicht, was ihnen entgeht“, sagte Betreiber Wolfgang Herrig einer Kölner Zeitung. „Eigentlich müsste Pferdefleisch total in sein. Es ist alles bio, die Pferde werden nicht für die Schlachterei gezüchtet. Das ist Fleisch von glücklichen Tieren.“

2. Schnitzel, das deutscheste aller deutschen Gerichte

Das mitteldeutsche Wort Sniz bedeutet Schnitt, ein Schnitzel ist also eine dünn geschnittene Fleischscheibe zum Kurzbraten. Überall auf der Welt wird die deutsche Küche mit dem Schnitzel assoziiert. Das mag stimmen, wenn es um den Begriff geht und gewisse Variationen.

Wiener Schnitzel – der Ursprung dieser österreichischen Spezialität liegt in Italien sowie in der Türkei.
Wiener Schnitzel – der Ursprung dieser österreichischen Spezialität liegt in Italien sowie in der Türkei. | Bild: Christian Bruna

Doch was das eigentliche Gericht angeht, so müssen wir alle nun stark sein: Erste Belege gehen zurück auf das Konstantinopel, heutiges Istanbul, des 12. Jahrhunderts. Hierher kommt das Tarhana-Schnitzel. Das Wiener Schnitzel? Das Cotoletta alla Milanese? Das Berliner Schnitzel? Sind nichts anderes als Varianten des Tarhana-Schnitzels. Tarhana-Mehl ist eine fermentierte und getrocknete Mischung aus Joghurt, Mehl und Gemüse, mit der das Fleisch paniert und in Öl ausgebacken wird.

3. Wienerle? Frankfurter? Hauptsache Würstel!

Wienerle mit Kartoffelsalat. Oder sind es Frankfurter? Egal, schmecken tun sie – egal, wie wir sie bezeichnen.
Wienerle mit Kartoffelsalat. Oder sind es Frankfurter? Egal, schmecken tun sie – egal, wie wir sie bezeichnen. | Bild: Soeren Stache/dpa

Der Frankfurter Metzger Johann Georg Lahner (1772-1845) ist der Ursprung der bei uns Wienerle genannten Würste: Lahner wanderte nach Wien aus und nahm das Rezept des Frankfurter Würstchens in dezent veränderter Variante als Exportschlager mit nach Österreich. Die Menschen der Alpenrepublik liebten das Produkt so sehr, dass sie es zunächst als Lahner, später als Frankfurter übernahmen. Bei uns jedoch setzte sich der Begriff Wienerle durch. Irgendwie paradox. In Amerika wird ein Hot Dog übrigens auch Frankfurter genannt. Crazy.

4. Unsere Maultasche, ein echtes Herrgottsbescheißerle

Die Geschichte der Maultasche wird (fast) überall so erzählt: Der Zisterzienser-Mönch Jakob aus dem Kloster Maulbronn im Nordschwarzwald soll im 17. Jahrhundert während der Fastenzeit zufällig ein Stück Fleisch im Kloster gefunden haben. „Ein flüchtender Dieb hatte seinen Sack mit Beute fallen lassen“, heißt es auf der Internetseite des Klosters. Jakob hatte die zündende Idee: „Er hackte das Fleisch klein und mischte es unter das Gemüse. Weil ihn das schlechte Gewissen plagte, versteckte er das Ganze in kleinen Taschen aus Nudelteig. So konnte er das Fleisch vor den Augen Gottes verbergen“, schreibt das Kloster. Ein echtes Herrgottsbescheißerle eben, oder?

Die gute, alte Maultasche wird so ausgesprochen, wie sie geschrieben wird: Maultasche.
Die gute, alte Maultasche wird so ausgesprochen, wie sie geschrieben wird: Maultasche. | Bild: Uli Deck/dpa

Auch hier klärt die Homepage des Klosters auf: „Im Zisterzienserkloster war es zwölf Monate im Jahr verboten, das Fleisch von Vierfüßlern zu essen.“ Ein verlorenes Stück Fleisch im Kloster sei ausgeschlossen. „Nudelteig braucht Eier! Und für die galt, dass ihr Genuss während der Fastenzeiten nicht erlaubt war.“ Das Kloster setzt noch einen drauf: „Das Wort Maultasche lässt sich historisch nachweisen: Bei Martin Luther im 16. Jahrhundert wird es im Sinn von Ohrfeige benutzt. Tasche geht dabei auf tätschen im Sinne von schlagen zurück.“

5. Zumindest bei unseren Spätzle sollte die Sache doch eindeutig sein, oder?

Leckere Spätze, egal, ob gehobelt, geschabt oder gepresst, gehen immer.
Leckere Spätze, egal, ob gehobelt, geschabt oder gepresst, gehen immer. | Bild: Nicky Walsh/dpa

Die schwäbische Hausfrau formte laut www.spaetzle.de schon vor hunderten Jahren Teigstücke mit dem Löffel oder in ihrer Hand und ließ sie ins kochende Wasser gleiten. Die Teigform erinnerte sie an kleine Spatzen – womit der Begriff Spätzle geboren war. Dieselbe Quelle äußert jedoch auch Zweifel an der Geschichte: Eine andere Theorie besage, dass das Wort Spätzle vom italienischen spezzato kommt, was soviel wie Gestückeltes oder Geschnetzeltes heißt. Pezzo bedeutet Stück, spezzare „in Stücke schneiden“. Die Schwaben verdolmetschten dann das Wort zu Spätzle. Heilig‘s Blechle.

6. Hat Napoleons Pferd beim Pumpernickel seine Hufe im Spiel?

Pumpernickel ist ein lange haltbares Vollkornbrot aus Roggenschrot der westfälischen Küche. Doch wie kommt es zu diesem Namen? Die Homepage www.wissensforum-backwaren.de sowie die Internet-Enzyklopädie Wikipedia bieten Ansätze. Zunächst einmal wird vermutet, dass die älteste Bäckerei für Pumpernickel die Bäckerei Haverland ist, die 1570 in Soest gegründet wurde. Aus Solothurn in der Schweiz stammt der Ausdruck „I wett für das nit der Pumperniggel singe“ – damit wollte man zu Ausdruck bringen, dass eine Angelegenheit keine Mühe wert sei.

Pumpernickel mit Mett – viel Deutscher geht es kaum.
Pumpernickel mit Mett – viel Deutscher geht es kaum. | Bild: Uwe Wagschal / pixelio.de

Eine weitere These: Pumpernickel steht für furzender Nikolaus und ist ein Schimpfwort – im Sauerland ist ein Pumper eine Flatulenz, Nickel bezeichnet einen fiesen Kobold und ist die Kurzform von Nikolaus. Kulturhistoriker Hannsferdinand Döbler schreibt: „In hessischen Prozessakten über das Hexenwesen findet sich aus den Jahren 1562 bis 1633 das Wort Pompernickel für den Teufel.“

Der französische Kaiser Napoleon I. Haben seine Soldaten dem westfälischen Pumpernickel den Namen gegeben?
Der französische Kaiser Napoleon I. Haben seine Soldaten dem westfälischen Pumpernickel den Namen gegeben? | Bild: DPA

Jetzt kommt Napoléon Bonaparte ins Spiel, dessen Soldaten das westfälische Brot nur für „bon pour Nickel“ erklärt hätten – also gerade eben gut genug für Napoleons Pferd Nickel. Einer weiteren Legende aus Soest nach geht das Wort auf den damaligen Soester Nickel (eine kleine Münze) und das Wort pumpen (für leihen oder borgen) zurück.