Der Steinmetzbetrieb von Matthias Schmiechen befindet sich direkt gegenüber des Villinger Friedhofs. Seit 37 Jahren betreibt er dort seine gleichnamige Firma. Aber jetzt, mit 68 Jahren, hat Vater Schmiechen beschlossen, seinen Betrieb an seinen Sohn Till zu übergeben.

Genau genommen geht dieser Betrieb sogar schon an die vierte Generation. Denn als Matthias Schmiechen 1987 mit seiner Familie aus Holzminden in den tiefen Süden nach Villingen zog, übernahm er den Steinmetzbetrieb von Vorgänger Enzenross und der wiederum in den 60er-Jahren von Steinmetz Kempf.

Ankunft im fastnächtlichen Schneetreiben

„Ich kam damals im Schneesturm am Schmutzigen Dunschtig in Villingen an“, erinnert sich Schmiechen noch ganz genau. „Anfangs habe ich nicht alles verstanden, aber diese Entscheidung habe ich bis heute nie bereut.“ Gelegentlich auch mal bei zehn Grad Minus im Freien unter strahlend blauem Himmel zu arbeiten, das macht dem erfahrenen Steinmetz bis heute Freude. Das gibt es für ihn nur in Villingen.

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Nach dem Fachabitur hatte er eine Lehre als Steinbildhauer und Steinmetz begonnen und über eine Technikerausbildung den Meister gemacht. Über eine Anzeige in der Branchenzeitschrift stieß er dann auf das Übernahmeangebot in Villingen, was ihm auch gleich zusagte.

Seine Kinder wählten andere Berufe

Der jüngste von drei Söhnen, Till, war damals gerade geboren. Vater Schmiechen wollte keines seiner Kinder zu einer späteren Nachfolge überreden und so wählten alle drei auch andere Berufe. Till, der sich als Kind immer in der Werkstatt herumtrieb und viel vom Steinmetzberuf mitbekommen hatte, ergriff dann einen Beruf in der Metallbranche. Hier arbeitete er in verschiedenen Betrieben und erlangte die Qualifikation zum Industriemeister.

2022 kam dann die Zeit der Neuorientierung in seinem Berufsleben, unter anderem beeinflusst durch die allgemeinen Veränderungen während der Corona-Pandemie. Da hat er angefangen, nebenher als Mini-Jobber bei seinem Vater im Betrieb auszuhelfen und den Unterschied zwischen Metall und Stein genauer kennenzulernen.

Vater und Sohn Schmiechen bei der gemeinsamen Arbeit in der Steinmetz-Werkstatt.
Vater und Sohn Schmiechen bei der gemeinsamen Arbeit in der Steinmetz-Werkstatt. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Gleichzeitig reifte beim Vater der Gedanke, dass es vielleicht an der Zeit wäre, auch noch etwas anderes im Leben zu erleben als immer nur den ganzen Tag im eigenen Betrieb und auf dem Friedhof zu arbeiten.

Mit diesem Wechsel rechnet keiner

Und so kam es, wie es in der Familie eigentlich keiner geplant hatte. Sohn Till macht eine zusätzliche Anerkennungsprüfung als Steinmetzmeister, verhandelt mit der Handwerkskammer und den Behörden und übernimmt Anfang 2024 den elterlichen Betrieb.

Um den Übergang abzufedern, hilft sein Vater weiterhin als Mini-Jobber seinem Sohn im Betrieb aus. Wenn ihn Sohn Till nicht allzu sehr einspannt, hat Matthias Schmiechen jetzt endlich auch etwas mehr Zeit für sein Hobby: das Schemen-Schnitzen.

Matthias Schmiechen mit einer seiner Holz-Schemmen.
Matthias Schmiechen mit einer seiner Holz-Schemmen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Für den Bildhauer ist das naheliegend und bereite ihm große Freude. Der Umstieg von schwerem Stein auf dünnes Holz sei gewöhnungsbedürftig gewesen, da Material, Werkzeuge und Arbeitsweise doch sehr unterschiedlich seien.

Vor allem Empathie ist wichtig

Vater und Sohn lieben ihren Beruf, der für sie beide auch weit über der Tätigkeit der Steinbearbeitung hinaus geht. So haben sie es täglich mit trauernden Menschen zu tun, die ihre Liebsten verloren haben und in dieser unerwarteten Situation mit allen möglichen Fragen konfrontiert sind.

Hier können sie ihre ganze Erfahrung und Empathie einbringen, denn an dieser Stelle ist eine einfühlsame Beratung erst einmal das Wichtigste. Zumal die Lieferzeit für einen individuell gestalteten Grabstein gerne mal ein Jahr und länger dauern kann und die Angehörigen oft nicht wissen, was sie genau auf dem Grab haben wollen.

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„Das ist auch für uns nicht immer einfach, da hat man am Abend manchmal schon einen dicken Klos im Hals, wenn man so manch schlimme Leidensgeschichte zu hören bekommen hat“, erzählt Vater Schmiechen. Und der Sohn ergänzt: „Aber das ist es, was unseren Beruf ausmacht, wir können den Menschen hier etwas geben und bekommen dafür auch viel Dankbarkeit und Wertschätzung zurück.“

Grabstein am Bildschirm erstellt

Till Schmiechen gehört mit seinen 37 Jahren der Computer-Generation an und nutzt die modernen Technologien, um seinen Kunden ihren Wunsch-Grabstein auch vor dem ersten Meißelhieb virtuell am Bildschirm zeigen zu können.

Till Schmiechen.
Till Schmiechen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Dabei kann er in Sekundenschnelle alles variieren: Form, Größe, Farbe, Ornamente, Schriften. Auch das hilft den Kunden schneller das richtige zu finden und zu bestellen. So erstreckt sich dann auch ihr Kundenkreis weit über den Villinger Friedhof hinaus, zumal Sohn Till dafür gesorgt hat, dass man ihren Betrieb jetzt auch schnell und problemlos im Internet findet.

Und wenn Vater und Sohn am Wochenende dann doch mal ein paar freie Stunden finden, schwingen sie sich auf ihre Harley-Motorräder und erkunden den Schwarzwald auf zwei Rädern. Ebenfalls an der frischen Luft.