Ein halbes Jahrhundert existiert der Geschichtsverein Hochrhein bereits. Dieser Anlass ist mit einem Festakt an seinem Gründungsort Grießen gefeiert worden. Die Gemeindehalle füllte sich mit zahlreichen Gästen, darunter Landrat Martin Kistler und der Klettgauer Bürgermeister Ozan Topcuogullari. Den Festvortrag hielt Johannes Waldschütz, Kreisarchivar des Landkreises Rottweil. Die groß angelegte Ausstellung mit zahlreichen historischen Fotos und Dokumenten, akribisch zusammengestellt von der Grießener Familie Heinz Sauter, empfing gleich beim Eingang die zahlreichen interessierten Gäste.

Den gediegenen musikalischen Rahmen schufen die zwei jungen Talente der Jugendmusikschule Südschwarzwald, Climenti Nagaievschi am Klavier und Charlotte Gendera an der Violine. Beide haben jüngst beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ den zweiten Preis gewonnen.

Nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Vorsitzenden Dominik Rimmele, wurde der Reigen der Redner eröffnet. Hausherr Bürgermeister Ozan Topcuogullari würdigte die großen Verdienste des Geschichtsvereins um die Erforschung der regionalen Geschichte. Er dankte für dessen „wichtigen, gesellschaftlichen Beitrag, „durch den wir die Geschichte der Region, in der wir leben, besser verstehen“.

Landrat Martin Kistler, dem eine große Affinität zur Heimatgeschichte nachgesagt wird, griff die Frage auf: „Warum Geschichte?“ Die übliche Standardantwort, um aus ihr zu lernen, sei zu einfach gedacht. „Menschen, die sich mit der Vergangenheit beschäftigen, brauchen sich nicht mit einem zu erwartenden Nutzen oder Mehrwert zu rechtfertigen“, betonte Kistler. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zeuge von Menschlichkeit, von Humanität. Die Antwort auf die Frage: „Warum Geschichte?“ könne ganz einfach sein: „Weil wir Menschen sind.“

Geschichte passiere nicht einfach, sondern die Menschen vor Ort bestimmten das Geschehen ihrer Zeit. Als Beispiele führte Kistler den Bauernkrieg, die Salpetereraufstände und die Badische Revolution von 1848 an, die sich nicht in fernen Entscheidungszentren ereignet haben. „Wir brauchen jemanden, der uns dieses demokratische Wissen in Erinnerung ruft.“ Diese Aufgabe habe der Geschichtsverein Hochrhein in den vergangenen 50 Jahren übernommen. Dies geschehe auf ehrenamtlicher Basis. Deshalb sei dem Geschichtsverein große Anerkennung zu zollen.

Der Vorsitzende Günter Hoffmann richtete in seiner Ansprache den Blick auf die Entstehung und die Entwicklung des Vereins. Er erinnerte dabei auch an die bekannten Gründungsmitglieder Fritz Schächtelin, Emil Müller-Ettikon, den Heimatschriftsteller Hans Matt-Willmatt und zahlreiche andere mehr. Während rundum historische Vereinigungen existiert hätten, so sei Anfang der 1970er-Jahre der neu gebildete Landkreis Waldshut für historisch Interessierte ein weißer Fleck gewesen, erklärte Hoffmann. Der letzte Anstoß zur Gründung sei dem Leiter des Stadtarchivs Konstanz, Maurer, zu verdanken, sodass am 27. März 1974 die Gründungsversammlung mit rund 100 Gründungsmitgliedern stattfinden konnte.

Seinem ausführlichen Rückblick folgte ein nachdenklicher Ausblick in die Zukunft des Vereins, die aufgrund der Altersstruktur der Mitglieder allergrößte Sorgen bereite. Von ursprünglich 300 ist die Mitgliederzahl mittlerweile auf 75 geschrumpft. Es sei äußerst schwierig, junge Menschen für die Heimatgeschichte zu begeistern. Dies in einer Zeit, in der rechtspopulistische Verschwörungstheorien und Gruppierungen überhandnehmen.

Mögliche Auswege sieht Günter Hoffmann in der Zusammenarbeit mit Schulen, für die das Archiv zur lokalen Geschichte in Bechtersbohl geöffnet werden solle. Auch die Digitalisierung aller Fachbereiche sei in Angriff zu nehmen, um schnell und bündig Informationen liefern zu können. Eine positive Nachricht hatte Günter Hoffmann dennoch: Das jährlich erscheinende Jahrbuch erfreue sich große Beliebtheit. Das kontinuierliche Weiterbestehen sei durch neue Autoren gesichert. „Die Gegenwart fordert uns, stehen wir also zusammen“, appellierte Günther Hoffmann zum Schluss seiner Ausführungen an die Zuhörer.

Den Festakt beschloss der interessante Vortrag unter dem Titel „Zwischen Schwarzwald und Hochrhein? Ein Blick von außen auf manchmal vergessene historische Landschaften“ des Kreisarchivars des Landkreises Rottweil, Johannes Waldschütz.