Das subjektiv oft als mangelhaft empfundene Sicherheitsgefühl von Bewohnern im Landkreis Sigmaringen, spiegelt im Prinzip nicht die objektive Lage wider. Diese Kernbotschaft vermittelten Polizeipräsident Uwe Stürmer, der leitende Kriminaldirektor Alexander Dürr und der Sigmaringer Polizeichef Manuel Lutz bei der Präsentation der Kriminalstatistik 2023 des Polizeipräsidiums Ravensburg, zu dem die Landkreise Sigmaringen, Ravensburg und der Bodenseekreis gehören. Während landes- und bundesweit die Zahl der Straftaten stieg, verringerte sie sich in der Region um 2,7 Prozent auf 29.788 Delikte und zwei Drittel aller Straftaten wurden aufgeklärt. Hier galt das Lob des Polizeipräsidenten der Arbeit seiner Einsatzkräfte, die dafür sorgten, dass „wir am Bodensee und in Oberschwaben in der Gesamtschau nach wie vor in einer sehr sicheren Region leben.“

Gewalt gegen Polizisten nimmt zu

Sorgen bereitet der Führungsspitze die zunehmende Gewalt gegen Polizisten oder anderen uniformierten Einsatzkräften wie Feuerwehr oder DRK. Jeden Tag registriere man einen Vorfall, klagte Stürmer beim Pressegespräch im Polizeipräsidium Sigmaringen, wobei bei zwei Dritteln der Täter Alkohol im Spiel sei. Die Bodycams der Beamten zeigten deutlich, welches Verhalten beispielsweise Anzugsträger im betrunkenen Zustand gegenüber Einsatzkräften zeigten. Seine Kollegen, die im Streifendienst und den Polizeiposten quasi an vorderster Linie arbeiten, müssten einiges aushalten, weil ein kleiner, aber zunehmend virulent werdender Teil der Bevölkerung offenbar meine, sich dann nicht an Gesetze halten zu müssen, wenn er oder sie diese nicht einsehe.

Kriminalität 2023 im Landkreis Sigmaringen

Im Landkreis Sigmaringen verringerte sich die Zahl der Delikte um 2,2 Prozent auf insgesamt 7125. Zugenommen haben unter anderem Gewalt gegen Polizisten (89), Partnergewalt (197), einfache Körperverletzung (598), Rohheits- und Gewaltdelikte (37), Gewaltkriminalität (241), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (152). Rückläufig waren Ladendiebstahl (491), Wohnungseinbruchsdiebstahl (37), schwerer Diebstahl (404) oder auch Fahrraddiebstahl (94).

Konflikte wieder auf Grundlage demokratischer Diskussionskultur austragen

„Oder man hält sich für befugt, die Rechte anderer beeinträchtigen zu können, wenn man in vermeintlich guter Mission unterwegs ist und hehre Ziele verfolgt“, gab es vom obersten Polizisten der Region eine klare Aussage: „Als Polizei ist es unsere Aufgabe und Pflicht, das Recht durchzusetzen, egal ob es den jeweiligen Betroffenen nun gefällt oder nicht.“ Er wünsche sich eine Rückbesinnung, dass gesellschaftliche Konflikte oder unterschiedliche Auffassungen in Sach- und Fachthemen wieder auf der Grundlage einer demokratischen Diskussionskultur ausgetragen würden, so Stürmer: „Von mir aus auch mit harten Worten, pointiert und polarisierend, aber immer mit Anstand und Respekt vor der Person und Meinung Andersdenkender.“ Das beginne damit, dass man sich zunächst mal zuhöre, ausreden lasse und sich nicht gegenseitig niederschreie.

Kinder sind immer häufiger Täter

Deutlich erhöht hat sich die Zahl der Ladendiebstähle und hier sind immer häufiger Kinder die Täter. Im Kreis Sigmaringen ermittelte die Polizei gegen 156 tatverdächtige Kids, wobei es 66 Mal um Ladendiebstahl ging. Bei den 326 tatverdächtigen Jugendlichen ging es 35 Mal um Rauschgift, 32 Mal um vorsätzliche Körperverletzung und 30 Mal um Sexualdelikte. Insgesamt hat die Zahl von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung 2023 im Landkreis auf 152 zugenommen, wobei es in der Hälfte der Fälle um Kinderpornografie ging. Jährlich habe man es mit hunderten Verdachtsfällen zu tun, ergänzte Stürmer, dass die Aufklärungsquote mehr als 90 Prozent betrage. Die Verschärfung des Strafrechts und eine erhöhte Sensibilität, seien ursächlich für Zunahme der Anzeigen. Es gelte, den Anfängen zu wehren und deshalb rät der Polizeichef bei konfliktträchtigen Situationen, wenn es bei Veranstaltungen unsittlichen Berührungen gibt, sofort laut Öffentlichkeit herzustellen: „Lassen Sie das!“ Dass es im Bereich Partnergewalt mehr Anzeigen gibt, bewertet Uwe Stürmer durchaus positiv: „Die Opfer trauen sich.“

Polizeipräsident sieht Sicherheit in der Region gewährleistet

Für den Polizeipräsidenten ist es hoch an der Zeit, dass man bezüglich der Streitkultur in der Gesellschaft wieder an frühere Zeiten anknüpft. Das bedeute, auch andere zu Wort kommen zu lassen und nicht meine, seine Sicht der Dinge mit Gewalt gegen Sachen oder gar gegen Personen durchsetzen zu können, weil einem demokratisch zustande gekommene Entscheidungen nicht in den Kram passten: „Miteinander schwätzen statt übereinander zu hetzen tut not.“ In der Region ist die Welt nach seiner Überzeugung jedenfalls weitgehend noch einigermaßen in Ordnung und alle sollten daran arbeiten, dass dies auch künftig so bleibt.

Junge Leute haben öfters ein Messer dabei

Dass immer mehr Kinder Straftaten begehen, ist für Stürmer auch Beleg für die schwieriger werdende wirtschaftliche Situation, die manche verführten, Dinge, die man früher kaufte, nun zu klauen. Bestätigen kann er, dass vornehmlich Jüngere immer häufiger ein Messer mit sich führen, wobei der Ausländeranteil 50 Prozent betrage. Bei sechs Tötungsdelikten, 20 Raubdelikten, 55 gefährlichen Körperverletzungen sowie 75 Drohungen war im vergangenen Jahr ein Messer im Spiel. Man beobachte die Entwicklung, denke aber über Messerverbotszonen nicht nach, so der der Polizeipräsident. Er nutzte die Gelegenheit, auf eine Besonderheit im Kreis Sigmaringen hinzuweisen, dessen Kriminalitätsstatistik auch durch die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) geprägt werde. Denn jeder Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz werde als Straftat gewertet. Zudem gebe es eine kleine Gruppe von Flüchtlingen, vornehmlich aus dem Maghreb-Raum, die für eine Vielzahl von Straftaten verantwortlich sei. Absolut bewährt habe sich die Einrichtung einer Polizeiwache in der LEA mit zehn Beamten, berichtete Stürmer, dass man 2023 34 Haftbefehle und im ersten Quartal 2024 schon 15 Haftbefehle vollstreckt habe.